Dienstag, 29. September 2009
Mein Haus, mein Auto, meine Frauen, meine Pipeline - Johs Ruhe im Gespräch
Der Psychologe Dr. Ewald Strunzberger arbeitet im Auftrage des Deutschen Bundestages. Über die Aufgaben, die speziell nach den Wahlen auf ihn zukommen, sprach er mit Johs Ruhe.

Ruhe:
Herr Dr. Strunzberger, dass der Deutsche Bundestag einen eigenen Psychologen beschäftigt, ist für die meisten unserer Leser sicherlich bislang unbekannt. Was genau ist ihre Tätigkeit?
Strunzberger:
Ach, da gibt es ganz unterschiedliche Dinge. Wenn die Leute von meinem Job hören, denken sie meist, dass ich da im Bundestag an der Seite sitze und alles beobachte, und wenn einer ausrastet, dann schreibe ich ein Gutachten, damit der aus dem Verkehr gezogen werden kann.
Ruhe:
Aber so etwas machen sie nicht?
Strunzberger:
Nein, grundsätzlich nicht. Sicher, es ist schon vorgekommen, dass der eine oder andere Fraktionsvorsitzende an mich herangetreten ist mit einer entsprechenden Bitte, aber das lehne ich grundsätzlich ab. Das wissen auch alle hier. Um die Fraktionsdisziplin sicherzustellen, gibt es meines Erachtens bessere Wege.
Ruhe:
Und wo liegt nun der Schwerpunkt ihrer Arbeit?
Strunzberger:
Nun, viele Mitglieder des Bundestages, aber speziell der Regierung, leiden unter Suchtproblemen. Nein, nein, nicht was sie jetzt denken, ich rede nicht von Alkohol oder Kokain, sicher, so etwas wird es auch geben, aber damit befasse ich mich eigentlich nicht. Ich rede von der suchthaften Medienpräsenz.
Ruhe:
Wie äußern sich diese Probleme?
Strunzberger:
Die Probleme treten speziell in Phasen auf, in denen meine Klienten – ich rede ungern von Patienten – den Verlust wichtiger Positionen und der damit verbundenen öffentlichen Auftritte zu verkraften haben. In einem Fall – das ist jetzt schon Jahre her – ging das so weit, dass der Betroffene täglich bis zu achtzig mal bei Frau Christiansen anrief, um wieder einmal in ihre Talkrunde geladen zu werden. So etwas nennt man ja heute Stalken, das ist schon sehr bedenklich.
Pomp:
Wie können sie denn nun diesen Kranken - darf ich das so nennen? – helfen?
Strunzberger:
Wenn die Entzugserscheinungen erst einmal auftreten, ist das sehr schwer. Entscheidend ist die Prophylaxe.
Ruhe:
Können sie uns Beispiele geben?
Strunzberger:
Sicherlich. Schröder zum Beispiel. Das war ja frühzeitig abzusehen. Ich hab ihn ermuntert, den Gazprom-Job zu machen, die Sache bietet noch für Jahre ein ausreichendes Erregungspotential und damit eine Garantie für Fernsehpräsenz. Joschka Fischer war schwieriger. Er hatte sich darauf versteift, auch eine Pipeline zu bekommen. Da spielt dann auch ein gewisses Imponiergehabe unter Männern mit hinein, sie verstehen: mein Haus, mein Auto, meine Frauen, meine Pipeline! Was meinen sie, wie ich glücklich bin, dass die Nabucco-Geschichte geklappt hat!
Ruhe:
Wie sieht es im Moment aus, sie haben sicherlich mit den bisherigen SPD-Ministern genug zu tun?
Strunzberger:
Ach, ich bin eigentlich ganz entspannt. Für Steinbrück zum Beispiel ist schon alles unter Dach und Fach, er bekommt eine große Schuldnerberatungsshow in der ARD, nicht so mit Privatleuten wie beim Legat, sondern mit großen Konzernen, Banken, ich glaub, die erste Sendung läuft mit Opel, dann der Reihe nach alle Landesbanken. Unterhaltung mit Entrüstungsfaktor, genau was die Leute gerne sehen.
Ruhe:
Steinmeier ist ja erst einmal kein Thema für sie …
Strunzberger:
Der Steinmeier! Angemeldet hatte sich der ja schon bei mir. Wollen wir mal abwarten, wann er dann kommt. Gas-Trassen sind jedenfalls im Moment nicht im Angebot, aber er ist ja ein vernünftiger Mann, vielleicht tun es für ihn ein paar Elektrokabel von den geplanten Windparks in der Nordsee. Die laufen durch das Naturschutzgebiet Wattenmeer, das ist doch auch was. Nein, schwierig wird das mit dem Gabriel.
Ruhe:
Aber Gabriel wird doch als neuer Parteivorsitzender für sie nicht in Betracht kommen.
Strunzberger:
Jetzt nicht, aber den Statistiken zufolge spätestens in einem Jahr. Und wenn es einen Mikrofonjunkie gibt, dann ist das der Gabriel. Eine große Herausforderung!
Ruhe:
Das alles ist hochinteressant, Herr Strunzberger. Ein Blick hinter die Kulissen der großen Politik, wie er sonst selten möglich ist. Ich danke ihnen!

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