Montag, 14. September 2009
Ingenieure sorgen sich um Nachwuchs
Die deutsche Maschinenbauindustrie plagen Sorgen. Der Weltmarkt verlangt immer ausgefeiltere Produkte, doch die dafür notwendigen Entwickler sind nicht zu finden. Unser Mitarbeiter Johs Ruhe sprach mit Franz Litkowsi von der Gesellschaft für Angewandte Ingenieurswissenschaften (GAIW)

Ruhe:
Herr Litkowski, die GAIW fordert, dass technische Fragestellungen viel stärker in die schulischen Lehrpläne eingearbeitet werden.
Litkowski:
So ist es. Sehen sie, früher gab es eher geisteswissenschaftliche Ansätze wie das humanistische Bildungsideal, all sowas, ich sage ihnen: heute ist das überholt. Überflüssiger Ballast.
Ruhe:
Wo sollten denn nun ihrer Meinung nach die Schwerpunkte gesetzt werden?
Litkowski:
Lösungsorientiertes Denken ist unser Ansatz! Bereits im Kindergarten, spätestens aber in der Vorschule. ich sage: lasst uns unsere Kinder zu einem schnörkellosen, zielgerichteten Denken erziehen. Kein Schnick-Schnack, verstehen sie? Blümchen malen ist keine Lösung!
Ruhe:
Das klingt einleuchtend.
Litkowski:
Das ist einleuchtend. Sie müssen berücksichtigen, dass wir im Jahr 2020 einen Bedarf von 19,65 Millionen Ingenieuren allein in Deutschland haben werde, im Jahr 2035 wird diese Zahl bereits auf 27,32 Millionen angestiegen sein. Und dies sind nur Prognosen! Die Wirklichkeit ist noch schlimmer!
Ruhe:
Herr Litkowski, sie sprechen vom Jahr 2035, können sie uns auch sagen, wie es danach weitergehen wird?
Litkowski:
Die weitere Entwicklung ist unsicher, aber ich denke, so um 2050 werden wir mindestens, und ich betone: mindestens!, 44,41 Millionen Ingenieure benötigen.
Ruhe:
Das sind schon sehr beeindruckende Zahlen. Sie haben gesagt, dass unsere Gesellschaft sonst Gefahr läuft, ihre Funktionsfähigkeit einzubüßen ...
Litkowski:
So ist es.
Ruhe:
Die Wirklichkeit sieht leider anders aus.
Litkowski:
So ist es. Auch dazu einige Zahlen, einige besonders prägnante möchte ich ihnnen nennen: 54 % aller männlichen Erstklässler erklären, sie hätten noch keine konkreten beruflichen Pläne, 19 Prozent streben eine Karriere als Fußball-Profi an. Bei den 15-jährigen sieht das schon anders aus: immerhin 47 % nannten die 1. Bundesliga als ihr Ziel, 20 % antworteten eher undiffernziert ("Häh?") und gerade einmal 7,4 Prozent der befragten männlichen Jugendlichen konnten sich die Aufnahme eines Studiums an einer Technischen Universität vorstellen. Der tatsächliche Bedarf an Fußballprofis liegt gerade einmal bei grob geschätzt 0,0005 Millionen Spielern.
Ruhe:
Eine bemerkenswerte Diskrepanz!
Litkowski:
So ist es! Natürlich müssen wir zunächst einmal dem Deutschen Fußball Bund zu diesem Umfrageergebnis gratulieren, es zeigt, dass die Jugendlichen Jobs in der 1. Bundesliga als ausgesprochen attraktive Arbeitsplätze wahrnehmen.
Ruhe:
Was wollen sie also unternehmen?
Litkowski:
Wir müssen unsere Außendarstellung verbessern. Da können wir viel vom Fußball lernen.
Ruhe:
Wie stellen sie sich das konkret vor?
Litkowski:
Insbesondere im Fernsehen (übrigens eine Erfindung von Ingenieuren!) wird Fußball deutlich vorgezogen. Live-Übertragungen, Tor der Woche, Diskussionsrunden, all das Zeugs, aber die Leistungen von Ingenieuren werden nirgends richtig gewürdigt. Zumindest die öffentlich-rechtlichen Sender werden hier ihrem gesetzlichen Auftrag nicht gerecht!
Ruhe:
Wie wollen sie das ändern?
Litkowski:
Wir arbeiten an dem Konzept für eine große Samstag-Abend-Show. Wir haben viele witzige Spiele, zum Beispiel müssen die Kandidaten Zahnräder so montieren, dass sie richtig ineinandergreifen …
Ruhe:
Das klingt unterhaltsam …
Litkowski:
Sehen Sie? Oder kleine Einspieler, so Filmchen mit dem Ideenklau der Woche!
Ruhe:
Da sind sie beim Fernsehen goldrichtig! Vielen Dank für das Gespräch, Herr Litkowski!

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